Warum der Arnstädter Stadtrat die Sanierung des historischen Zentrums der Stadt erst beschlossen und dann verhindert hat
Einführung in das Thema:
Im Jahr 2007 hat der Arnstädter Stadtrat im Rahmen des Programms „Leben am Markt“ beschlossen, die Neugestaltung des Marktes in Angriff zu nehmen. Am 3. September 2009 ergänzte der Stadtrat seinen Beschluss, indem er den Antrag der Linken und der SPD annahm, dass
„bei der Umgestaltung des Marktplatzes sowie des Rathausvorplatzes der derzeitige Baumbestand zu erhalten“ sei und „sämtliche in Auftrag zu gebende Planungen sich an diesem Grundsatz zu orientieren haben“ (vgl. Protokoll vom 3.9.2009, TOP 13).
Damit war der Neugestaltung des Marktes eine wesentliches Grundlage entzogen worden. Denn zahlreiche der notwenigen Arbeiten im Boden, so heißt es, seien nicht durchführbar, ohne das mächtige Wurzelwerk von fast 100 Jahren alten Bäumen zu beschädigen, und damit die Bäume zu gefährden. Die Stadtverwaltung stellt die Planungen ein.
Wie kam es zu dieser Wende? War doch die Entscheidung des Arnstädter Stadtrates für die Sanierung von 2007 eine Entscheidung, für die viele Argumente sprachen:
Der Zustand, in dem sich der Arnstädter Markt heute präsentiert, stammt im wesentlichen aus den 1920er Jahren. Der Markt ist trotz der Qualität seiner historischer Bauten und seines geschlossenen Ensembles kaum besucht und leider nicht, wie viele andere zentrale Marktplätze, so beschaffen, dass sich dort das städtische Leben versammelt. Es fehlt an Gastronomie. Die historischen Bauten, insbesondere das frisch sanierte Rathaus, ist, vor allem im Sommer, wenn die meisten Touristen in der Stadt sind, nicht zu sehen und zu fotografieren. Ein Nutzungs- und Gestaltungskonzept liegt nicht vor.
Last not least standen Arnstadt im Rahmen des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) erhebliche Fördermittel in Aussicht. Bedingungen, damit diese Mittel fließen, sind unter anderem der Abschluss der Bauarbeiten bis 2013.
Die Stadtverwaltung Arnstadt hatte vor der Vergabe des Planungsauftrages ein Bewerbungsverfahren durchgeführt, an dem sich im Zeitraum von Ende Februar bis Ende März 2009 ausgewählte Büros beteiligten. Die eingesandten Entwürfe wurden von Vertretern des Bauamtes und dem Gestaltungbeirat der Stadt begutachtet und beurteilt. Dabei entschied man sich einstimmig für den Entwurf der Architektenbüros Ihle, Hugk & Sellengk aus Weimar.
Diese Planungsgemeinschaft wurde erst Mitte Juli 2009 mit einer Vorplanung für die Freianlagen beauftragt. Bis zum September 2009 waren so verschiedene Varianten der Platzgestaltung in der Bearbeitung. Bis zum Beschluss des Stadtrates, der das Fällen der Bäume am Markt untersagte, war über keine der geplanten Varianten eine Entscheidung getroffen worden.
Am 6. Juni 2009 startete eine Bürgerinitiative unter Federführung der SPD und der IG Stadtökologie eine Unterschriftensammlung für den Erhalt der Linden auf dem Markt, bei der den Bürgern suggeriert wurde, dass für die Stadtverwaltung das Fällen der Bäume bereits beschlossene Sache sei.
Die hiesige Presse erkannte das emotionale Potential dieser Frage und kochte das Thema hoch, indem sie in Wahrnehmung ihrer Pressefreiheit jedes Gerücht und jede Unterstellung zu diesem Thema ausführlich zu Wort kommen ließ (siehe Dokumentation der TA-Berichterstattung am Ende dieses Artikels).
Alle anderen mit der Sanierung des Marktes verbundenen Fragen blieben dabei ausgeblendet. So waren rasch 5000 Unterschriften beisammen, die sich gegen das Fällen der Bäume aussprachen.
Dieser emotionalisierten Öffentlichkeit wollte sich der Stadtrat in seiner Sitzung am 3. September 2009 nicht widersetzen. Falls es dabei bleibt, ist eine Sanierung des Marktes auf ungewisse Zeit verschoben, da eine so kostenintensive Maßnahme ohne die EFRE-Fördermittel der EU aufgrund der angespannten Finanzlage der Kommune auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird.
Wir wollen den Arnstädter Bürgern dennoch die Möglichkeit geben, in die komplexe Thematik der Sanierung und Neugestaltung des Marktes einzusteigen und sich ein objektives Bild von den Planungen zu machen. Zu diesem Zweck besuchten wir die Architektengemeinschaft Hugk & Sellengk in Weimar und sprachen mit Ulrich Hugk und Johanna Sellengk.
1. Eine Einführung in das Thema
2. Interview mit dem beauftragten Planungsbüro
3. Das Baumgutachten des Sachverständigen
4. Dokumentation einer öffentlichen Stimmungsmache